Top10 bei der Deutschen Meisterschaft – Kristin wird Neunte

Zuletzt am 26. Juli 2022 aktualisiert

Als erstes unserer Talente schaffte es Kristin Braun  sich durch einen zweiten Platz bei der Bayerischen Meisterschaft für die Deutsche Meisterschaft zu qualifizieren. Ein gutes Dreivierteljahr später ging sie in Magdeburg von einem Mittelfeldplatz ins Rennen und startete von Position 13 aus. Das Ziel lautete schlicht: Top 10.
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Und das hat Kristin nach neun spannenden Runden auch geschafft! Durch ein Remis in der letzten Partie kletterte sie noch um drei Plätze nach oben und ließ dabei einige Titelträger hinter sich. Platz 9, DWZ-Plus, 4½ Punkte und das eigene Ziel erreicht – da gratulieren wir doch herzlich! 🙂
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Gewonnen hat das Turnier Topfavoritin WGM Marta Michna mit beeindruckenden 8/9 vor WFM Lara Schulze mit 7,5/9 und – schon mit etwas Abstand – Inken Köhler mit 6/9. Beste bayerische Teilnehmerin wurde Katharina Mehling mit 5,5/9 auf Rang 4!
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Ein eigenes Fazit unserer Weltenbummlerin:

“Ende Mai war ich bei der Deutschen Frauenmeisterschaft, für die ich mich letztes Jahr qualifiziert habe. Die Meisterschaft war dieses Jahr nicht ganz so stark besetzt wie in den Vorjahren, da parallel die German Masters ausgerichtet wurden. Da war das Ziel Top 10 dann nicht so unrealistisch, auch wenn ich immer noch glaube, dass Dennis mir das in den Mund gelegt hat. 😀
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Nach zwei Runden sah es leider nicht so aus, als könnte ich das erreichen. Vor allem die zweite Partie war von mir wirklich nicht gut gespielt. Das musste danach besser werden, also die letzten Partien vergessen und einfach weiter Schach spielen. Das hat auch funktioniert, danach habe ich keine Partie mehr verloren, am Ende kam ich damit auf 50%, also 4.5 Punkte.
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Wer jetzt nachrechnet und mit Begriffen wie „Remiskönig“ um sich werfen möchte, darf das gerne machen. Stattdessen kann mir derjenige aber auch gern erklären, wie man Partien gewinnt. 🙂 Im Endeffekt hat das ganze dann sogar zu Platz 9 gereicht. Also eigentlich habe ich das Ziel übererfüllt, oder? Ich bin auf jeden Fall sehr zufrieden mit meinem Ergebnis.
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Auch abgesehen von meinen schachlichen Leistungen war der Schachgipfel, bei dem nicht nur die Deutsche Meisterschaft, sondern auch einige andere Turniere stattfanden, ein tolles Erlebnis. Fast die gesamte Spitze Deutschlands war in Magdeburg und hat an einem der Turniere teilgenommen. Zum Kiebitzen hatte man also genug, was sich vermutlich viele Leute gedacht haben. Dadurch wurde es im Turniersaal leider recht eng, nächstes Jahr wurde aber angeblich schon ein komplettes Hotel in Magdeburg für den Gipfel gebucht. Dann können auch alle Teilnehmer am Turnierort übernachten, was dieses Mal leider nicht der Fall war. Wir werden sehen, ob ich dann wieder dabei sein kann.” 
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Runde 1:  Kristin Braun (1895)  –  WIM Brigitte Burchardt (2094)   0:1

Obwohl die Gegnerin auf 3 gesetzt war, spielte Kristin ihren gewohnt aggressiven Spielstil. Der gegnerische Najdorf-Sizilianer wurde mit heterogenen Rochaden aggressiv behndelt und nach der Eröffnung stand unser Talent gut. Nach einem unsauberen Läuferzug konnte die Gegnerin, ihrerseits internationale Meisterin, dies ausnutzen. Daraufhin opferte Kristin eine Figur für drei Bauern, die gleichzeitig verbundene Freibauern waren. Leider wurden dabei ein Haufen Linien freigelegt, so dass der Kristinsche König auf unsanfte Weise befragt wurde. Schlussendlich wurde der Angriff der Schwerfiguren zu groß und Kristin musste sich geschlagen geben.

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Runde 2:  Anna Sijia Liu (1689)  –  Kristin Braun (1895)   1:0

In der zweiten Runde hatte Kristin die ein wenig undankbare Aufgabe, gegen die noch junge Anna Sijia Liu anzutreten. Es wurde ein beschleunigter Drache gespielt. Als Kristin ihren Springer an den Rand stellte, konnte die Gegnerin einen Bauern etwas sehr unangenehm auf e6 stellen und als nicht die richtige Gegenmaßnahme ergriffen wurde, hätte es unserem Talent den Kopf kosten können. Die Stellung war kompliziert und beide spielten nicht ganz richtig weiter – Kristin konnte sich herauswinden und sogar zwei Bauern gewinnen. Die Stellung war immer noch kritisch und auch die Zeit wurde immer knapper – im 39. unterlief ihr dann ein Schnitzer und sie übersah ein Matt.

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Runde 3:  Kristin Braun (1895)  –  WCM Luisa Bashylina (1812)   1:0

Der erste Sieg! Bereits in der Eröffnung (1.e4 c5 2.Sf3 a6 3.c4!?) brachte Kristin die letztjährige U12-Europavizemeisterin früh aus ihren klassischen Systemen und schaffte sich positionelle Vorteile. Diese gab sie nicht mehr aus der Hand, bis aus dem positionellen Vorteil ein taktischer wurde. Auch wenn es dann in der Zeitnotphase zwischendurch nochmal spannend wurde, die Mehrfigur brachte sie sicher nach Hause, sogar mit einem recht netten Matt.

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Runde 4:  Kathrin Lowke (1887)  –  Kristin Braun (1895)   Remis

In der vierten Runde kam es erneut zu einem Drachengefecht, diesmal ohne Beschleunigungen. Es kam eine typische Drachenstellung ans Brett (Schwarz rochiert kurz, weiß lang) und auch das typische Qualitätsopfer auf c3 wurde gespielt. Auch wenn der Angriff zunächst recht überzeugend aussah, war es am Ende doch die weiße Spielerin, die Kristin einschnürte. Das war dann wiederum auch nicht von Bedeutung und in einer Stellung mit zig Bauern wurde die Partie Remis gegeben.

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Runde 5:  Kristin Braun (1895)  –  Anastasia Erofeev (2003)   Remis

Und wieder Remis, diesmal aber deutlich wilder. In einem Taimanov-Sizilianer ließ Kristin im Mittelspiel nach gutem Spiel im Rahmen einer Unachtsamkeit einen Bauern stehen. Dass das die Taktikerin vom Dienst nicht wirklich beeindruckte, zeigte sie, als sie regelrecht aufblühte – erst durch Verteidigung und dann durch den starken Einsatz des Läuferpaares. Auf einmal gewann sie eine Qualität und hatte ein gewonnenes Endspiel am Brett. Gewonnen heißt leider nicht einfach – und nach ein paar Ungenauigkeiten hatte Kristin plötzlich verbundene Freibauern gegen sich. Trotz Mehrqualität war die Stellung damit am Ende Remis.

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Runde 6:  Kristin Braun (1895)  –  Jutta Ries (2017)   Remis

Die erste sizilianisch-freie Partie – Kristin fing mit 1.Sf3 an und es entwickelte sich in einer “Königsindisch im Anzug”-Eröffnung eine recht ausgeglichene Stellung. In dieser positionellen Partie wusste die Gegnerin ein bisschen eher, wie man die Figuren hinstellt und es war Schwarz, die am Drücker war. Das wurde dann in ein für Schwarz besseres Endspiel mit Mehrbauern umgemünzt, was aber nichts hieß, da der Mehrbauer in einem Doppelbauer versteckt war. Zuguterletzt und mit knapper Zeit fiel der Mehrbauer wieder und die Stellung verflachte – Remis.

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Runde 7:  Celis Perez (1822)  –  Kristin Braun (1895)   Remis

Wieder im alten Fahrwasser – einem Sizilianer. Diesmal ein geschlossener Sizilianer. Kristin spielte ihre gewohnte Struktur mit Sge7, g6 und Lg7 und erspielte sich schnell eine positionell bessere Stellung mit vorgerückten Bauern am Damenflügel. Dies nutzte sie nicht aus und später standen die Bauern auf den falschen Feldern, so dass der eigene Läufer praktisch eingemauert wurde. Die Waagschalen begannen langsam zu schwanken und in einer verrückten Sequenz waren einige taktische Raffinessen enthalten. Am Ende tauschte sich doch einigstes ab und es gab ein Dauerschach – Remis.

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Runde 8:  Anke Freter (1873)  –  Kristin Braun (1895)   0:1

Ein Sieg, wie es sich gehört! In einem Drachen (mal wieder 🙂 ) griff Kristins Gegnerin beherzt an und schickte alle ihren Bauern nach vorne. Zwar wählte Kristin nicht die allerbeste Antwort, als die Gegnerin aber die eigene Deckung doch etwas zu sehr vernachlässigte, brach Kristin mit ihren Schwerfiguren am Damenflügel ein und der unrochierte König sah sich genötigt, kurz zu rochieren – nur war da kein Bauernschild mehr. Es kam, wie es kommen musste – unser Talent gewann eine Figur und hatte immer noch eine klar bessere Stellung. Auch wenn sie noch ein wenig weiterspielten, im Endeffekt war nichts mehr dran zu rütteln – Sieg Nummer 2 und insgesamt Punkt Nummer 4!

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Runde 9:  Kristin Braun (1895)  –  WFM Jade Schmidt (2062)   Remis

Und ein Remis zum Schluss. Um die Gegnerin früh aus dem Konzept zu bringen, wich Kristin von jeglichen Eröffnungen in ihrem Repertoire ab und entschied sich für einen Stonewall-Aufbau mit d4, e3 und f4. Ihre Gegnerin hatte nur die Basisantwort bereit, wusste aber dann nicht mehr wirklich weiter. Kristin erspielte sich eine gute Stellung und spielte positionell vielleicht sogar ihre beste Partie dieser Meisterschaft. Sie hatte lange die Zügel in der Hand und schnürte die Gegnerin immer weiter ein (schwarze Dame auf b8, schwarzer, unrochierter König auf f8…). Irgendwann ließ sie die Zügel doch ein wenig locker und die Titelträgerin konnte sich aus der Umklammerung befreien und letztendlich in ein remisliches Endspiel abwickeln. Als nur noch Springer und Bauern am Brett waren, kam es auch zum Handschlag.

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